Weltküche: Sprachen und Philosophien des Kochens

Selbst die Zubereitung von Speisen wurde seit dem 19. Jahrhundert zu einem Feld der Kriegspropaganda. Die repräsentative Küche ermöglichte Konstruktionen der Nationalküche, die mit der Realität nichts zu tun hatten. So wurde zum Beispiel die gemeinsame Küche des Mittelmeerraums – selbst der Golf Emirate – in einzelne Nationalküchen aufgesplittert.

Die ältesten Kochbücher fragten nach der Wirkung der Speisen. In Indien vor rund 3.500 Jahren, in China vor rund 2.500 Jahren, in Europa vor rund 2.000 Jahren. Mit den feudalen Küchen bekam aber das Essen als solches repräsentative Bedeutung. Es wurde nicht mehr danach gefragt, was gut tat, sondern was neu, selten, wertvoll war. Gegessen und getrunken wurde, selbst wenn Magenschmerzen, Durchfall, Kopfschmerzen etc. absehbar waren.

Im Ersten Weltkrieg ging es dann zum Beispiel um solche Fragestellungen, ob Zucker an den Salat gehöre oder nicht. Je nach „Nationalität“ wurde die andere „Nation“ als „barbarisch“ bezeichnet, die Zucker verwendete oder nicht. (Nicht übersehen werden sollte in diesem Kontext, dass die „Barbaren“ oft sinnvoller sich ernährten als die mächtigen „weißen Herren“.)

Heute gibt es andere Trends, die wieder von den ursprünglichen Fragestellungen bestimmt werden. Die Medizin hat einen bedeutenden Einfluss in einer Zeit gewonnen, da in einigen Ländern fast alles aus aller Welt zu kaufen möglich ist – für diejenigen, die Geld haben. Aber es stellt sich gerade aufgrund neuer Erkenntnisse heraus, dass Gewürze, Lebensmittel massive gesundheitliche Folgewirkungen aufweisen können – bereits bekannt seit Tausenden von Jahren, aber nun neu mit neuen Zugängen, Messungen beschrieben. Woraus sich durchaus völlig neue Zugänge ergeben, aber auch manchmal nur andere Beschreibungen verwendet werden.

Es ist nicht einfach die Vielfalt des Verwendeten positiv, wie einer der Starköche meinte, der in die Vielfalt der Gewürze einführte, sondern es gibt massive Auswirkungen auf den Darm, auf die Gefäße, auf die Organe, auf die Blutzusammensetzung, auf die Wirksamkeit von Medikamenten – um nur einige Beispiele zu nennen.

Das Polylogprojekt ist in diesem Kontext verbunden einerseits mit der Erforschung von Küchen auf dieser Welt:

Arktis
Bisher noch nicht publiziert: Bilder, Film, Texte, „Kochbuch“ von der Kultur-Expedition nach Svalbard im Jahre 2004

Elbrus
Kulturexpeditionen 2005, 2007, 2009/ „Kochbuch“ bisher nicht publiziert

Kilimanjaro
Kulturexpedition 2004/ Rezepte und Kommentare publiziert in: Uhuru Peak/ Kilimanjaro – die kulturelle Dimension

Ararat
Kulturexpedition 2007/ „Kochbuch“ noch nicht publiziert

Weltküche
Hintergrund: Reisen und Literatursammlungen in über 100 Ländern/ nahezu tägliche Küchenpraxis/ Kooperation mit SpezialistInnen aus rund 100 Ländern/ dazu wurde nun ein erster Darstellungsentwurf erarbeitet: Kochen: Grundideen und Rezepte/ im Laufe des Sommers 2016 könnte dieser Entwurf zu einem File-Book wachsen.

Gefragt wird andererseits vor diesem Hintergrund der Empirie aber auch nach dem Verbindenden der Sprachen, der Lebensmittel, der Gewürze, der Kochtechnik etc. – Gerade auch in diesem Bereich, der ein Bereich der Kriegspropaganda war und der rechten Hetze auch heute ist, zeigt sich das gemeinsame der menschlichen Praxis.

Die Erkenntnisse werden nun ausgewertet für einzelne Bereiche (z.B. Weltprojekt der Berge), aber gerade im Zusammenhang mit den Polylogforen wird auch nach Synergien gefragt.

Die gegenwärtige Krise in Europa, die durch den Brexit ausgelöst wurde, macht gerade dieses Projekt wieder hoch aktuell. Denn durch die Nationalismen drohen wieder auch die „einfachen Dinge des Lebens“ – wie das Essen und Trinken – in Frage gestellt, der Reichtum des Lebens wieder zerstört zu werden.